Der Siebenten-Tags-Sabbat, genauer: der Samstag, wird von vielen Christen als „der alte jüdische Sabbat" abgetan. Herkunft, Inhalt und Zweck dieses Tages haben mit dem Judentum an sich jedoch nichts zu tun. Der Sabbat wird nur deshalb gleich mit den Juden in Verbindung gebracht, weil sie ihn seit Jahrtausenden halten. Deshalb ist er aber von seinem Ursprung her noch nicht jüdisch.
In Deutschland feiert man seit vielen Jahrhunderten Weihnachten. Ist Weihnachten deswegen ein deutsches Fest? Durchaus nicht, denn es wurde nicht von Deutschen erfunden und wird nicht nur von ihnen gefeiert. Mit dem Sabbat ist es ähnlich. Er ist älter als das Judentum, wurde nicht von Juden eingeführt, ist nicht exklusiv für Juden da und wird auch von Nichtjuden gefeiert. Mit anderen Worten: die Juden haben den Sabbat genauso wenig gepachtet wie die Eskimos das Osterfest.
Die Bibel sagt tatsächlich eindeutig, wie der Sabbat entstand.
Gott segnete und heiligte den siebten Tag der Schöpfungswoche schon Jahrtausende bevor das hebräische Volk überhaupt existierte.
Die erste biblische Belegstelle, die auf die „Hebräer" hinweist, findet sich in 1. Mose 14,13 im Zusammenhang mit Abraham; zu einer Zeit also, als das Schöpfungsgeschehen schon weit zurücklag. Genau genommen sind die Juden Nachfahren Judas, des Urenkels Abrahams. Sie werden erst lange nach dem Schöpfungsbericht zum ersten Mal „Juden" genannt (2. Könige 16,6). Nicht sie haben den Sabbat geschaffen, vielmehr existierte er bereits und wartete nur darauf, von den Gläubigen - im Altertum überwiegend Juden - gefeiert zu werden.
Am Ende der Schöpfungswoche heißt es: „So wurden vollendet Himmel und Erde mit ihrem ganzen Heer. Und so vollendete Gott am siebenten Tage seine Werke, die er machte, und ruhte am siebenten Tage von allen seinen Werken, die er gemacht hatte. Und Gott segnete den siebenten Tag und heiligte ihn, weil er an ihm ruhte von allen seinen Werken, die Gott geschaffen und gemacht hatte." (1. Mose 2,1-3) Das am Berg Sinai schriftlich formulierte vierte Gebot lautet: „Gedenke des Sabbattages, dass du ihn heiligest. Sechs Tage sollst du arbeiten und alle deine Werke tun. Aber am siebenten Tage ist der Sabbat des HERRN, deines Gottes. Da sollst du keine Arbeit tun, auch nicht dein Sohn, deine Tochter, dein Knecht, deine Magd, dein Vieh, auch nicht dein Fremdling, der in deiner Stadt lebt." (2. Mose 20,8-11)
Das vierte Gebot bezieht sich offensichtlich auf den Schöpfungssabbat. Sowohl in 2. Mose 20,11 als auch in 1. Mose 2 lesen wir, dass Gott den siebten Tag segnete und heiligte, und an beiden Stellen werden im Hebräischen Wörter verwendet, die dieselbe Sprachwurzel haben. An beiden Stellen steht der hebräische Ausdruck yom hassbi'i für „der siebte Tag" (1. Mose 2,2; 2. Mose 20,11). Beide Male steht 'sh für „schuf". Das Substantiv Sabbat (hebr. shabbat) schließlich, das in 2. Mose verwendet wird, hat dieselbe Wurzel (shbt = „ aufhören zu arbeiten") wie das „ Ruhen" Gottes am siebten Tag, von dem in 1. Mose 2 die Rede ist. Das vierte Gebot hat einen klaren Bezug zum Sabbat der Schöpfung.
Es steht damit außer Frage, dass der Sabbat schon vor dem Bundesschluss am Berg Sinai existierte und die Juden ihn deshalb bereits zuvor kannten. Gerhard Hasel meint, 2. Mose 16 sei ein klassischer Beleg dafür, „dass die Einrichtung des Sabbats schon vor der Gesetzgebung auf dem Berge Sinai und vor seiner Verkündigung in der Wüste bekannt war“. Der Philosoph und Theologe Martin Buber betonte, dass der Sabbat „selbst in der Wüste Sinai, wo das Manna fällt, nicht neu eingeführt wird. Auch hier taucht er auf als etwas, das es schon vorher gab.“
Martin Luther äußerte sich zu dieser Thematik ganz eindeutig: „Daher kann man sehen, dass der Sabbat schon vor dem Gesetz Moses da war und von Anbeginn der Welt existierte. Besonders die Frommen, die den wahren Glauben bewahrt haben, haben sich an diesem Tag versammelt und Gott angerufen."
Der Sabbat wurde als zeitloses, universales und unzerstörbares Denkmal dieser Schöpfung aufgerichtet. Warum sollte nur ein einziges Volk den Gedenktag der Schöpfung begehen, wo doch die ganze Menschheit aus Gottes Hand kommt? Vielen Juden ist die außerordentliche Bedeutung des Sabbats klar. Martin Buber schreibt, der Sabbat sei „ein Allgemeingut, das jeder uneingeschränkt genießen sollte", weil dieser Tag „auf die Geburtsstunde der Welt zurückgeht.“ Nachdem die ganze Welt im Rhythmus der vollkommenen Zahl Sechs vollendet worden war", schreibt Philo Judaeus, ein jüdischer Gelehrter des ersten Jahrhunderts, „heiligte und segnete der Vater den folgenden, siebten Tag. Dieser Tag nämlich ist ein Fest, nicht für eine Stadt oder ein Land, sondern für die ganze Erde. Nur dieser Tag wird zu Recht ein Festtag für alle Völker und der Geburtstag der Welt genannt."
Heute mehrt sich die Zahl derer, die diese Tatsache begreifen. „Unter Christen ist es unstrittig, dass die Zehn Gebote nicht nur dem Volk Israel galten, sondern universale Bedeutung haben, also für alle Menschen verbindlich sind. Jesus selbst hat im Blick auf die Gebote betont: , Bis Himmel und Erde vergehen, wird nicht vergehen der kleinste Buchstabe noch ein Tüpfelchen vom Gesetz, bis es alles geschieht.' (Matthäus 5,18).
Wenn aber die Zehn Gebote für alle verbindlich sind, ist nicht einzusehen, warum ausgerechnet das Sabbatgebot nur den Juden gelten soll ...Außerdem wird vom Sabbat nicht nur rückblickend auf das Volk Israel oder die Schöpfung gesprochen, sondern auch im Vorgriff auf das kommende Gottesreich. Von den Bewohnern der zukünftigen Welt heißt es, sie werden, einen Sabbat nach dem andern kommen, um vor mir anzubeten, spricht der Herr' (Jesaja 66,23)." Gewiß, niemand kennt den Sabbat schon so lange als Feiertag wie die Juden. Deshalb bringt man ihn auch sofort mit ihnen in Verbindung. Wenn sich Leute seit mehr als 3500 Jahre mit einer Sache beschäftigt haben, verstehen sie eine ganze Menge davon. Aber dennoch: Wir missverstehen die Absicht und den Inhalt des Sabbats, wenn wir ihn als rein jüdische Einrichtung betrachten. Der Sabbat will für alle Menschen ein Segen sein!